Mittwoch, 1. Februar 2012

Rezension zu "Adams Fuge" von Steven Uhly

 

etwas zu rasant

Steven Uhlys Roman "Adams Fuge" erzählt eigentlich eine ganz spannende Geschichte, die durch die Themen Identität und Integration in Deutschland auch eine gewisse Aktualität besitzt und mich daher sofort interessierte. Leider war mir der Roadmovie-Stil manchmal einfach viel zu rasant, als das es mich vollständig hätte überzeugen können.

Zum Inhalt: Adem Öztürk ist ein Deutschtürke aus Mannheim, der, nachdem seine deutsche Mutter die Familie wegen des gewalttätigen Vaters verlassen hatte, als er zehn war, mit seinem Vater zurück in die Türkei zieht. Mit Mitte Zwanzig tötet er als Soldat einen Kurden, der sich aber als Doppelagent entpuppt, und Adem wird als Adam Imp zurück nach Deutschland geschickt, wo er den Urheber eines antiislamischen Computerspiels unschädlich machen soll. Es entwickelt sich eine rasante Jagd durch ganz Deutschland, bei der niemand der ist, der er zu sein scheint, und auch Adam sich mit der Suche nach seiner eigenen Identität konfrontiert sieht...

Schon nach wenigen Seiten merkt man als Leser, dass man es mit einer gut durchdachten Satire zu tun hat, in der Vorurteile, Klischees und Schubladendenken genüsslich ausgebreitet und überspitzt werden. Der Humor ist düster, die Handlung oft gewalttätig und irritierend, aber die dahinterstehende Aussage ist an sich gelungen verpackt. Es geht um die Suche nach einer Identität, die schwerer zu definieren ist als durch Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer Religion oder Volksgruppe. Nicht nur Adem/Adam kann seine Identität schlecht einordnen, da er in Deutschland immer der Türke und in der Türkei der Deutsche ist, sondern auch fast alle anderen Protagonisten, die der Ich-Erzähler während seines Auftrags trifft, führen mindestens ein Doppel-, meistens sogar ein Mehrfachleben, das durch seine Komplexität nicht nur den Leser sondern auch sie selbst verwirrt. Zu dieser Verwirrung tragen auch die Toten bei, die nach ihrem Ableben an Adams Seite erscheinen.

Was erst nach üblichen Konflikten zwischen verschiedenen Gruppierungen beginnt, entpuppt sich bald als wildes "Jeder-gegen-jeden", bei dem es letztendlich um nichts anderes geht als um das große Geld. In diesen Trubel aus Gewalt, Mord und Mehrdeutigkeit gerät der Protagonist mit seiner Familie, wird verletzt, nimmt neue Identitäten an und findet blind die Liebe wieder, die den Roman trotz Chaos mit einem Hoffnungsschimmer enden lässt.

Trotz der Aktualität des Themas Integration und Identität, das der Roman meiner Meinung nach auch gelungen aufgreift, konnte er mich insgesamt nicht vollständig überzeugen. Das lag einerseits an der temporeichen Handlung, die für meinen Geschmack manchmal einfach zu rasant wurde. Pausen, für Gefühle oder zum Reflektieren, gibt es selten in dem bunten Reigen aus Schusswechseln, Verfolgungen und Mord. Adam und auch die anderen Protagonisten wechseln Identitäten wie andere Menschen die Unterwäsche und, obwohl ich den Roman beinahe ohne Unterbrechung durchgelesen habe und wirklich versucht habe, bei dem ständigen Wechsel von Identitäten auf dem Laufenden zu bleiben, ist es mir nicht immer gelungen.

Auch der Sprache fehlt einfach der letzte Schliff. Sie kommt sehr einfach daher, dabei hätte sie, wäre sie etwas ausgereifter, sicher mit ein bisschen Sprachwitz zur Ironie des Romans beitragen können. Das ist schade, denn die Handlung hat eigentlich Potential.

Mein Fazit also: Ein mittelmäßiger Roman mit schnellem Tempo, wenig Gefühlen, aber von aktuellen Interesse und mit guter Umsetzung bei der Suche nach der eigenen Identität. Manchmal leider zu wild, zu rasant und mit nicht ganz überzeugender Sprache. Kann man lesen, aber der große Wurf war es für mich leider nicht. Eine eingeschränkte Leseempfehlung.



Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden
Erschienen: August 2011
Seiten: 232
Verlag: Secession
ISBN: 978-3905951080
Preis: € [D] 21.95

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch
 
 
 

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