Mittwoch, 22. Februar 2012

Rezension zu "Mein Winter mit Grace" von Richard Paul Evans


Das Ende der Naivität

"Wer war sie? Sie war meine erste Liebe. Diejenige, die ich als Erste küsste. Sie war ein kleines Zündholzmädchen, das die Zukunft in der Flamme einer Kerze sehen konnte. Sie war eine Ausreißerin, die mit mehr über das Leben beigebracht hat als irgendjemand zuvor oder danach, mir ihr verlor ich meine Naivität." (S. 16)

Mit diesen Worten aus dem Prolog leitet der mittlerweile erwachsene Eric, der Ich-Erzählerin in "Mein Winter mit Grace" von Richard Paul Evans, 44 Jahre nach ihrer gemeinsamen Zeit seine Erzählung über Grace ein, die so rührend und schön geschrieben ist, dass sie auf Anhieb zu einem meiner Lieblingsbücher geworden ist.

Inhalt: 1962 zog der 14-jährige Eric mit seinen Eltern und seinem kleinen Bruder Joel aus Karlifonien wegen einer Erkrankung seines Vaters und finanzieller Nöte der Familie nach Salt Lake City. Bei seiner Arbeit dort in einem Burger-Restaurant erwischt er seine Mitschülerin Grace dabei, wie sie die Mülltonnen durchsucht und erfährt, dass sie von zu Hause fortgelaufen ist. Da es kalt ist und schon der erste Schnee fällt, lädt er sie ein sich in der Hütte zu verstecken, die er mit seinem Bruder gebaut hat. In den Wochen, in denen sie dort bleibt, verliebt sich Eric in sie, erfährt aber auch Dinge von ihr, die seine bisherige kindliche Sicht auf die Welt zerstören...

Der Ich-Erzähler Eric ist noch sehr kindlich. Trotz der Krankheit seines Vaters und der Geldsorgen der Familie führt er ein behütetes Leben und versteht daher zuerst gar nicht, warum Grace von zu Hause weggelaufen ist und auf keinen Fall zurück möchte. Als Leser weiß man dank Vorwort schon, welches ernste Thema sich hinter dieser rührenden Liebesgeschichte verbirgt und der Autor setzt dieses Ende von Erics unbeschwerter Kindheit wirklich sehr ergreifend um. Eric macht im Laufe des Romans eine glaubhafte, überzeugende Wandlung vom naiven Kind zum desillusionierten Erwachsenen durch und erzählt, wie seine Erfahrungen mit Grace ihn für den Rest seines Lebens beeinflussen.

Grace, deren Tagebucheinträge jedes Kapitel eröffnen, ist ein ernsterer Charakter, der in diesem Winter mit den Brüdern Eric und Joel seit langer Zeit wieder lernt glücklich zu sein und an das Gute im Menschen zu glauben. Die Liebesgeschichte zwischen der für ihre Alter sehr reif aber auch hilflos wirkenden Grace und dem unbeholfenen Eric, der zum ersten Mal mit einem Mädchen, noch dazu einem, das er im Gartenhaus vor den Eltern versteckt, zusammen ist, ist einfach nur wunderschön und doch auch sehr traurig, wozu auch der sehr einfühlsame Schreibstil beiträgt. Am Ende hatte ich Tränen in den Augen.

Sowohl das deutsche Cover mit der verschneiten Parkbank als auch das englische Cover, das mit der Kerze ein bisschen stärker das Weihnachtliche in der Geschichte betont, finde ich übrigens sehr schön.

Fazit: Eine rundum wunderschöne, traurige Geschichte über die erste, unbeholfene Liebe und das Ende einer behütetet Kindheit. Ein tolles Buch. 5 Sterne 

"Mein Winter mit Grace" von Richard Paul Evans bei Amazon.de (engl. Originaltitel: "Grace")

1 Kommentar:

  1. Hallo Sarah,

    mich hat dieses Buch auch sehr berührt. Viel Spaß bei 7 Days - 7 Books. :)

    LG
    sabine

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