Freitag, 30. März 2012

Rezension zu "Oberwasser" von Jörg Maurer


Lange Rede, kaum Sinn

"Oberwasser" ist für mich der erste "Alpenkrimi" aus Jörg Maurers Jennerwein-Reihe und nein, es hat mir nicht besonders gefallen. Das kann zum einen daran liegen, dass ich die drei Vorgänger Föhnlage, Hochsaison und Niedertracht nicht gelesen habe, zum anderen aber auch daran, dass die Handlung fürchterlich wirr und vieles überflüssig war.

Aber erst einmal zum Inhalt: Im alpenländischen "Kurort mit Bindestrich" verschwinden zwei verdeckt arbeitende BKA-Ermittler. Um jedoch in der Bevölkerung keinen Verdacht zu erwecken, dass das BKA dort kriminellen Machenschaften im großen Stil auf der Spur ist, erfinden Kommissar Jennerwein und sein Team kurzerhand einen Ersatzfall und inszenieren öffentlichkeitswirksam den Mord eines Wilderers an einem Oberforstrat. Unter dem Vorwand, das Versteck des flüchtigen Wilderers zu suchen, macht sich das Team in Wirklichkeit auf die Suche nach den verschwundenen Undercover-Ermittlern. Währenddessen findet ein Abiturient im Marokko-Urlaub eine alte deutsche Münze mit rätselhafter Gravur, ein von Strudeln begeisterter Kajakfahrer treibt sich in den Gewässern rum, ein gefoltertes Entführungsopfer schreibt in einer dunklen Höhle Tagebuch und das Bestatterehepaar Grasegger, kriminell durch und durch, kehrt mitsamt Bewährungsauflagen in den Kurort zurück...

Meine Probleme mit diesem Buch begannen früh: Gefühlt Hunderttausend verschiedene, unzusammenhängende Handlungsstränge mit mindestens ebenso vielen Personen prasselten auf mich als Leser ein. Einen Überblick zu gewinnen war mir gerade am Anfang unmöglich und es wurde bis kurz vor Ende leider auch kaum besser. Es mag hier helfen, die drei Vorgänger schon zu kennen, denn vom Ermittlerteam um Jennerwein selbst erfährt man wenig, vor allem nichts Klares. Unter der Flut von Handlungspersonen, Haupt- und Nebenhandlungen, blieben vor allem die wichtigen Charaktere, die Ermittler, farblos und flach.

Sinnige, schlüssige Beschreibungen wurden oft zugunsten von Sprach- und Situationskomik verkompliziert und mit zur radikalen Überzeichnung der Charaktere ins Lächerliche gezogen. Nur in Ausnahmefällen konnte dieser Humor bei mir punkten. Das kauzige Ehepaar Grasegger zum Beispiel ist in ihrer Mischung aus bayrischer Gutbürgerlichkeit und mafiöser Kriminalität gut gelungen. Über die überspitzen Klischees konnte ich bei Ursel und Ignaz richtig schmunzeln. Jennerwein und seine Mannschaft dagegen entlockten mir mitsamt ihren Anektdötchen kaum Zucken um die Mundwinkel- mit Ausnahme des Polizeiobermeisters Hölleisen vielleicht, der bei seinem Versuch jegliche Verpflegungskosten erstattet zu bekommen einen amüsanten Schriftwechsel mit einem Sachbearbeiter entwickelt, der das deutsche Amtswesen ordentlich verschaukelt. Leider wird dieser Ansatz schnell fallen gelassen, wie überhaupt vieles nur angeschnitten und dann wieder abgewürgt wird.

So auch die Ermittlungen: Das Fake-Verbrechen wird inszeniert, der Wilderer ist unterwegs und liefert recht lustige Zwischenkapitel, die sich mit ihrem Stil vom übrigen Text abheben - wenn ich auch hier leider manchmal die Konsequenz vermisste, denn ich immer wird die stilistische Trennung eingehalten. Nur für wirkliche Ermittlungen, wie sie geplant waren, wird es dann kaum genutzt. Man verliert sich in weiteren Tarnungen und an den Haaren herbeigezogenen Spekulationen und Schlussfolgerungen, die den Leser vielleicht durch ihre Skurrilität zum Lachen bringen sollten, mich aber oft mit ihrer mangelnden Logik genervt haben. Denn dadurch wirken die Ermittlungen einfach langweilig und alles wird hinterher so einfach und wenig intelligent gelöst, dass es mir keinen Spaß gemacht hat.

Leider gibt es dann noch völlig sinnleere Nebenhandlungen, wie zum Beispiel die um den 19jährigen Oliver Krapf, der im Urlaub in Marokko eine alte deutsche Münze findet, auf die einige Buchstaben eingeritzt wurden. Schon allein der Versuch von Jugendsprache entlockte mir nur mitleidige bis genervte Gefühlsregungen - bestimmt kein Schmunzeln - und auch die wirren Versuche des kleinen Computer-Nerds die rätselhaften Gravur auf der Münze zu entschlüsseln sind so absurd, dass sie nicht mehr lustig, sondern nur noch peinlich waren. Traurig, dass ausgerechnet der Protagonist dieser unsinnigen Nebenhandlung derjenige war, der meiner Meinung nach die meiste charakterliche Tiefe abbekam.

Das Ende fand ich dann auch recht enttäuschend, da nicht alle Handlungsstränge zufriedenstellend aufgelöst wurden und der Höhepunkt der Ermittlungen, die Lösung des Vermisstenfalls, mich auch einfach nicht überzeugen konnte. Zu einfach, zu platt und der für mich spannenste Charakter bleibt ein ungelöstes Rätsel, das kaum Beachtung findet. Warum es diese Handlungsstrang überhaupt gab? Keine Ahnung. Vielleicht mussten die 400 Seiten voll werden.
Sprachlich hätte ich mit viel mehr bairischen Dialekt gewünscht und weniger gestelztes Drum-Herum-Gerede. Es war einfach nicht flüssig zu lesen und der Humor verlor sich in ärgerlichen, unlogischen Nebenerzählungen, sodass manchmal auf vielen, vielen Seiten rein gar nichts gesagt wurde.

Mein Fazit: Lieber nicht. Skurrilen Humor und Klischees mag ich, wenn sie ausgereift sind, gerne. Hier verlor er sich für mich aber in größtenteils zu flachen Charakteren und einer teilweise unzumutbar lachhaften Ermittlung, die die Bezeichnung "Krimi" nicht verdient. Unübersichtliche Nebenhandlungen, viel zu viel Drum-Herum und unzureichende Spannung taten dann ihr übriges, um mir dieses Buch zusätzlich zu verderben. Es ist nicht witzig genug für eine gute Komödie und nicht spannend genug für einen guten Krimi. Ein paar gute Aspekte in jeder Menge Unfug ergeben 2 von 5 Sternen.

 

Die Jennerwein-Reihe (mit Links von Amazon.de):
  1. "Föhnlage" (März 2009)
  2. "Hochsaison" (März 2010)
  3. "Niedertracht" (März 2011)
  4. "Oberwasser"  (März 2012)

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Taschenbuch
Seiten: 400
Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag
ISBN: 978-3596188956
Preis: € [D] 9.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage

Samstag, 24. März 2012

Rezension zu "Das geheime Prinzip der Liebe" von Hélène Grémillon


Grandioser Anfang, schwaches Ende

"Das geheime Prinzip der Liebe" von Hélène Grémillon ist ein beeindruckender Roman voller Gefühle und Überraschungen, der von der Freundschaft und dem Kinderwusch zweier sehr unterschiedlicher Frauen in Frankreich zur Zeit des zweiten Weltkriegs erzählt.

Zum Inhalt: Nach dem Tod ihrer Mutter erhält Camille, eine Mittdreizigerin die 1975 in Paris lebt, absenderlose Briefe eines ihr unbekannten Louis. Er erzählt darin die Geschichte seiner großen Jugendliebe Annie, die in jungen Jahren viel Zeit mit der reichen Madame M verbrachte und berichtet wie eine fatale Entscheidung die beiden Freundinnen für immer entzweite. Zuerst hält Camille die Briefe für einen Irrtum, dann für den geschickten Schachzug eines Autors, der sie als Verlegerin für sich gewinnen möchte. Doch sie spürt schnell, dass die Briefe mehr mit ihr zu tun haben könnten, als ihr lieb ist...

Schon auf den ersten Seiten hat mich dieser Roman in seinen Bann gezogen. Der Wechsel zwischen den Kapiteln Camilles und den Briefen lässt den Leser teilhaben an Camilles langsamer Entschlüsselung ihrer Rolle in dieser Geschichte und gleichzeitig auch im Hintergrund an der Entwicklung ihres eigenen Lebens, in dem sie mehr Veränderungen bewerkstelligen muss, als nur den Verlust ihrer Mutter.

Auf der anderen Seite stehen die Briefe, die neben der jugendlichen Verliebtheit Louis' die verwirrende Beziehung von Annie und Madame M schildern. Diese überraschen mit Wendungen, die mich als Leser immer wieder dazu zwangen, mein Bild der Rollen von "Gut" und "Böse" neu zu überdenken, denn die Charaktere sind nicht immer das, was sie zuerst schienen, und in diesen Wechseln liegt die wirkliche Stärke des Romans, die ihn spannend, fesselnd und mitreißend macht. Gerade die Charaktere in der Handlung der Briefe, also Madame M und Annie, bekommen sehr viel Tiefe und konnten überraschen.

Leider bekommt Camille gerade in der zweiten Romanhälfte von dieser Charaktertiefe nichts ab. Die Ich-Erzählerin der "Gegenwart" bleibt blass, tritt immer mehr in den Hintergrund und verschwindet über weite Teile sogar beinahe vollständig aus den Augen des Lesers. Das war insbesondere nach der starken ersten Hälfte eine Enttäuschung. Auch einige von Camilles Versuchen Zusammenhänge darzustellen, gestalten sich eher schwierig, sind manchmal konstruiert, sehr weit hergeholt oder strotzen vor Klischees. So konnte mich nach langem Überlegen und mehrmaligem Lesen das Ende einfach gar nicht überzeugen. War der Charakter Camille zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon zur Nebensächlichkeit geworden und neben dem starken Wechselspiel zwsichen Madame M und Annie in der 35 Jahre früher spielenden Handlung kaum noch der Rede wert, wurden ihre symboldeuterischen Fähigkeiten auf den letzten Seiten für mich einfach nur noch abstrus und verdarben mir das Ende der anstonsten tollen Geschichte mit dem Nachgeschmack von Kitsch und Klischee.

Der Schreibstil dagegen hat mir wirklich gut gefallen. Er ist eher einfach gehalten, unspektakulär, aber nicht langweilig oder flach. Der ganze Roman las sich sehr flüssig und vermittelte eine passende Atmosphäre zur düsteren Lebensgeschichte der Frauen. Ebenso überzeugend sind die schlichte Covergestaltung und die Verarbeitung des Buches.

Mein Fazit: Wirklich stark am Anfang, aber leider mit schwachem Ende und einer verblassenden Ich-Erzählerin Camille, die mir leider auch das ein oder andere Klischee nicht ersparte. 4 Sterne. 

"Das geheime Prinzip der Liebe" von Hélène Grémillon bei Amazon.de


Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, Feb. 2012
Seiten: 255
Verlag: Hoffmann und Campe
Französischer Originaltitel: Le confident
ISBN: 978-3455400960
Preis: € [D] 19.99
Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage

Freitag, 16. März 2012

Rezension zu "Elefanten sieht man nicht" von Susan Keller


Wenn alle wegsehen...

"Elefanten sieht man nicht" von Susan Keller ist ein beeindruckendes Jugendbuch, dass mich fast vollständig überzeugen und sehr berühren konnte.

Zum Inhalt: Seit dem Tod ihrer Mutter verbringt die 13-jährige Mascha ihre Sommerferien bei ihren Großeltern in einer kleinen, langweiligen Siedlung, in der sich alle untereinander kennen. Auf dem Spielplatz lernt Mascha eines Tages die Geschwister Julia und Max kennen, die sich in ihren Augen für ihre neun und sieben Jahre recht merkwürdig verhalten. Als sie dann auch noch blaue Flecken und eine Platzwunde an den Kindern bemerkt und zufällig mitansieht, wie der Vater der Kinder sie schlägt, ist für sie die Sache klar: Sie muss eingreifen. Doch keiner hört ihr wirklich zu und man rät ihr stattdessen, sich rauszuhalten. In ihrer Verzweiflung nimmst Mascha die Sache selbst in die Hand und greift dabei zu drastischen Mitteln...

Größtenteils hat mir "Elefanten sieht man nicht" wirklich richtig gut gefallen. Schon der Titel sagt eigentlich das wichtigste aus: Die wirklich bedeutenden, großen Dinge werden übersehen - absichtlich, um das idyllische Leben in der eingeschworenen Siedlungsgemeinschaft nicht zu gefährden. Die Nebencharaktere, die Siedlungsbewohner inklusive der Großeltern, sind dabei sehr gut getroffen und bleiben in ihrem Handeln bis zum Ende sehr glaubhaft. Jeder Charakter kommt gut zur Geltung und bringt neue Facetten in die Gemeinschaft und für mich war dieses Szenario der wirklich starke Teil des Buches.

Auch die Atmosphäre ist wirklich gelungen. Die Sprache ist einfach gehalten, hat aber auch etwas Witz und ein paar lockere Sprüche zu bieten. Für eine 13-jährige Ich-Erzählerin fand ich es sprachlich daher insgesamt sehr authentisch und konnte mich gut in die berührende und gleichzeitig aufreibende, wütend machende Handlung einfinden. Besonders hervorzuheben ist für mich in diesem Zusammenhang der gelungene Schluss, der recht offen gehalten ist und gänzlich auf fast schon befürchteten Kitsch und stimmungszerstörende, unrealistische Happy-Ends verzichtet und das Buch dadurch auch für Erwachsene um so lesenswerter macht.

Was mich einfach besonders in der zweiten Hälfte gar nicht überzeugen konnte, war die Ich-Erzählerin selbst. Sie handelt erst sehr erwachsen, wirkt sehr reif und handelt überlegt, richtig und sinnvoll. Würde es allerdings dabei bleiben, könnte es zu einer Zuspitzung der Situation, wie sie sich innerhalb dieses Romans entwickelt, gar nicht kommen. Daher wird der Spannung der Handlung ein wenig die Glaubwürdigkeit der Protagonistin geopfert und das ist wirklich schade, zumal es in einem Ausmaß geschieht, dass ich einfach kaum noch erträglich fand. Mascha wird aus heiterem Himmel eine sehr irrationale Person, die sogar noch naiv-kindlicher wirkt, als die 9-jährige Julia, deren Gedanken und Sorgen sie zwar zuerst berechtigt in Frage stellt, dann aber plötzlich doch unreflektiert adapiert.

Cover und Buchgestaltung finde ich wiederum sehr schön, besonders da sich unter dem Schutzumschlag mit der interessanten blauen Hütte, die im Laufe des Romans eine wichtige Rolle spielen wird, die blauen Balken wiederfinden. Die Schriftgröße war für meinen Geschmack allerdings schon grenzwertig groß.

Fazit: Insgesamt ein wirklich schönes, sehr berührendes Jugendbuch, das durchaus aufrütteln kann. Leider schwächelt die Ich-Erzählerin in der zweiten Hälfte deutlich und verliert an Glaubwürdigkeit, während die Charaktere im Hintergrund um so stärker überzeugen konnten. Lesenswert! 

"Elefanten sieht man nicht" von Susan Keller bei Amazon.de

Donnerstag, 8. März 2012

Rezension zu "Flammenmond" von Rebekka Pax


 Voller Grausamkeiten

"Flammenmond" ist der Nachfolger von Rebakka Pax' "Septemberblut" und somit der zweite Teil der Reihe um den Vampir Julius Lawhead aus Los Angeles. Dieser Teil hat mir wieder ganz gut gefallen, allerdings nicht so gut wie der Vorgänger.
"Flammenmond" muss nicht zwangsläufig nach "Septemberblut" gelesen werden, da es eine in sich abgeschlossene Handlung besitzt und dank Rückblenden auch ohne Vorkenntnisse zu verstehen ist. Ich würde es allerdings empfehlen, gerade um auch die übergeordneten Zusammenhänge, wie die Beziehung zwischen Amber und Julius, besser nachvollziehen zu können.

Inhalt: Julius hat jetzt schon über 10 Wochen in dem Sarg verbracht, in dem er von seinem Meister Curtis zur Strafe für ein eigenmächtiges Handeln eingesperrt worden war. Amber besucht ihn so oft wie möglich. Sein eidgebundener Vampir Brandon ist mit seiner Freundin und Neu-Vampirin Christina nach Arizona gereist, um etwas über seine Vergangenheit und indianische Abstammung in Erfahrung zu bringen. Dort trifft er allerdings auf seinen Erschaffer Coe, einen grausamen und rassistischen Vampir, der Brandon sofort wieder gefangen nimmt. Christina kann fliehen und Curtis begnadigt Julius vorzeitigt, damit er mit Amber, Christina und dem jungen Vampir Steven nach Arizona reisen und Brandon befreien kann, bevor Coes Grausamkeiten in körperlich und psychisch entgültig zerstören.

Im Gegensatz zum ersten Teil spielt "Flammenmond" also kaum noch in L.A., sondern in den Wüsten Arizonas, die die Vampire mit einem Wohnwagen auf der Suche nach Coe durchfahren. Gut hat mir gefallen, dass die Nebencharaktere wie Brandon und Christina in diesem Teil ein stärkeres Profil bekommen, man sie besser kennenlernt und verstehen kann. Gerade Brandon erlebt im Laufe dieser Geschichte schreckliches, denn für seinen Erschaffer ist er als Indianer ein Mensch bzw. Vampir zweiter Klasse. Brandon, der seit seiner Flucht vor Jahrzehnten dachte, Coe sei tot, findet sich jetzt in seiner fast vergessenen persönlichen Hölle wieder. Während ich Brandon in "Septemberblut" nicht sonderlich leiden konnte und seinen Charakter auch nicht sehr bedeutend fand, war er in "Flammenmond" meiner Meinung nach einer der überzeugendsten Protagonisten.

Nicht mehr so gut gefallen dagegen hat mit Julius, der wie schon in "Septemberblut" als einziger Protagonist als Ich-Erzähler auftritt, während alle anderen aus der dritten Person erzählen. Julius ist in diesem Teil einfach nur steif und kalt. Wie im ersten Teil auch ist er zwar immer noch hin- und hergerissen zwischen seiner sensibleren Seite und seinen Pflichten gegenüber seinem Meister und seinen eigenen Eidgebundenen, aber diese Zerissenheit spielt eigentlich keine Rolle mehr, jedenfalls nicht außerhalb seiner stillen, inneren Monologe. In seinem Handeln siegt letztendlich immer und ausschließlich die harte, rationale, pflichtbewusste Seite und so sehr er auch immer wieder seine Liebe zu Amber betont, in seinen Taten zeigt sie sich nicht mehr. Vergessen scheint zu sein, dass er sich für sie schon einmal gegen seiner Meister widersetzt hat und für seine Beziehung eingetreten ist. Stattdessen verlangt er von Amber Verständnis für alles und, dass sie bedingungslos bei ihm bleibt. Schade, dass sich der Charakter so wenig weiterentwickelt.

Auch Amber ist aber keineswegs besser. Sie kommt mit kaum einem Aspekt der Vampirwelt zurecht, lehnt fast alles ab, zieht aber viel zu lange keine Konsequenzen was sie und Julius betrifft. Sie ist immer wieder wütend auch ihn, denkt dann immer wieder dasselbe (und zwar wie sehr sie ihn liebt) und lässt sich dann genauso routinemäßig immer wieder einlullen und zum Bleiben überreden. Das passt einfach nicht zur ansonsten so starken und eigenwillig handelnden Amber und hat mich ziemlich genervt. Außerdem hat die Beziehung einfach keine Grundlage. Auch nach Monaten ist sie immer noch auf den Stand blinder Verliebtheit, wie am Anfang. Kein Fortschritt. Außer den drei Siegeln verbinden die beiden keine Gemeinsamkeiten und so wurde ihre Beziehung für mich immer unglaubwürdiger. Erst spät im Roman (und für mich einfach zu spät) lässt wenigstens Amber mal den Schleier der blinden Verliebheit fallen und versucht wenigstens für ihren Standpunkt einzutreten.

Nichtsdetotrotz hat die Beziehung aber auch weiterhin sehr rührende, emotionale und auch romantische Seiten, die mir wieder gut gefallen haben. Es kribbelt schon zwsichen den beiden und das kommt gut rüber, auch wenn ich es nicht immer nachvollziehen konnte und die Charaktere mich nicht mehr so sehr überzeugten, wie am Anfang.

Wie schon im ersten Teil schildert die Autorin alle Kämpfe und auch die Grausamkeiten Coes sehr detailiert, blutig und brutal. Mich stört das nicht. Ich finde sogar, dass es hilft, sich in die Handlung einzufühlen und deren düstere, bedrohliche Atmosphäre zu vermitteln. Es ist aber sicher nichts für zartbesaitete Leser.
Auch gemeinsam haben die beiden Teile nach wie vor ihre Rituale, die immer und überall auftauchen. Mir war das schon im ersten Teil ein wenig zu viel und die häufigen Wiederholungen langweilten mich, doch als jetzt bei "Flammenmond" zu den Vampirritualen auch noch die Indianerrituale hinzukamen, fand ich es zunehmend ein wenig zäh.

Sprachlich fand ich "Flammenmond" überzeugend. Es liest sich sehr flüssig und ist auch richtig spannend (jedenfalls über weite Teile). Das Cover ist passend zur Handlung schön düster, passt aber durch die Hochglanz-Gestaltung leider nicht mehr richtig zum matten Cover des Vorgängers "Septemberblut" und gefiel mir dadurch auch etwas weniger. Auch die Schrift wurde verändert - immer schade bei einer Reihe.

Mein Fazit: Ich bin ein wenig hin- un hergerissen. "Flammenmond" gefiel mir nicht ganz so gut wie "Septemberblut", was besonders daran lag, dass die Hauptprotagonisten Amber und Julius an Tiefe und Glaubwürdigkeit einbüßten, ebenso wie ihre Liebesbeziehung, was ich besonders bei Julius schade finde, denn ich mochte ihn vorher sehr. Andere Charaktere wurden zwar weiterentwickelt, können den Verlust meiner Meinung nach aber nicht auffangen. Trotzdem ist die Handlung spannend und vor allem das gute offene Ende lässt mich sicher sein, dass ich die Reihe weiterhin verfolgen möchte. Daher gebe ich "Flammenmond" wie auch schon "Septemberblut" insgesamt 4 Sterne, allerdings mit leichter Tendenz zur 3, denn der Vorgänger war einfach ein wenig besser.

Die Reihe (mit Links zu Amazon.de):
  1. "Septemberblut" (Dez. 2010) - meine Rezension
  2. "Flammenmond" (Feb. 2012)

Rezension zu "Septemberblut" von Rebekka Pax


Blutige Vampirgeschichte

"Septemberblut" ist der erste Teil einer Reihe von Rebekka Pax. Es geht darin um den Vampir und Ich-Erzähler Julius Lawhead, seinen Clan in Los Angeles und seine Liebe zur menschlichen Amber und hat mir gut gefallen.

Zum Inhalt: Der über 200 Jahre alte Vampir Julius lebt mit seinem Clan in Los Angeles. Als der Vampirjäger Frederik stirbt, bekommt Julius von seinem Meister und Clanoberhaupt Curtis den Auftrag das mächtige und für Vampire gefährliche Messer zu finden, das Frederik besaß und an einen Erben weitergegeben haben muss. Die Erbin ist schnell gefunden: Frederiks Schwester Amber hat das Messer. Julius verfolgt sie und verliebt sich in sie. Doch die beiden und Julius' Clan sind in Gefahr, denn ein verfeindeter Clan und dessen Oberhaupt Gordon wollen das Messer ebenfalls und könnten dadurch zur Gefahr für ganz LA werden. Gordon schreckt vor nichts zurück, auch nicht vor den Toten...

Die Idee des Romans hat mir gut gefallen. Die Vampire leben in strenger Hierachie, die aus Clanoberhaupt, Meistern und Eidgebundenen besteht. Auch Menschen gehören zu den Vampirclans, denn Vampire können sie als Diener an sich binden, wenn sie ihnen durch das gegenseitige Trinken von Blut fünf Siegel geben. Die menschlichen Diener sind Freunde oder Geliebte der Vampire und beschützen sie, wenn sie tagsüber wie tot in ihren Särgen ruhen. Gut durchdacht finde ich auch, wie sich die Vampire in der Welt der Menschen geheimhalten. Sie haben sich einen Codex auferlegt, nach dem das Töten von Menschen verboten ist. Sie trinken nur soviel Blut, wie sie brauchen. Bei Verstößen erlässt der Vampirrat von Los Angeles Todesurteile gegen die mordenden Vampire, die vom Jäger ausgeführt werden. In LA ist Julius dieser Jäger.

Dieser Roman liefert also eine, wie ich finde, recht erfrischende Mischung aus Eigenschaften "echter" Vampire, die Blut trinken, in Särgen schlafen und oft sehr altertümliche Ansichten haben, und ihren menschlichen Seiten. Sie wirken menschlich, können verletzt werden, haben Gefühle und keine allzu extremen übermenschlichen Fähigkeiten. Die Welt dieser Vampire ist blutig, brutal und grausam, wenn es zu Auseinandersetzungen kommt, und die Autorin schildert die Details der Gewalttaten sehr ausführlich und anschaulich. Mich stört das nicht, ganz im Gegenteil, ich finde es für die Atmosphäre sogar hilfreich und gut. Aber zartbesaitete Leser müssen sich auf einiges einstellen und sollten sich daher vielleicht vorher überlegen, ob derart viel Blut für sie lesenswert ist.

Das Zusammenleben der Vampire ist allerdings durch Eide, Blutgaben oder Siegel auch sehr ritualisiert und das wiederholt sich oft. Für mich, die ich Rituale immer etwas eintönig und Küsschen hier, Knieen da etwas kitschig finde, war es vielleicht schon das ein oder andere Mal zu oft oder zumindest an der Grenze dazu. Es gehört zwar zu der Hierachie, der Magie und den strengen Regeln ein wenig dazu, aber etwas weniger hätte dem Roman meiner Meinung nach nicht geschadet.

Gerade der Ich-Erzähler Julius gefällt mir aber sehr gut. Er hat für sich die Einsamkeit gewählt, lebt getrennt von seinem Clan auf einem kleinen Friedhof und kämpft innerlich mit seiner Vergangenheit. Obwohl er alt und mächtig genug wäre selbst ein Meister zu sein, hat er dies trotz Curtis' Wunsch nie getan und hat auch nie einen menschlichen Diener an sich gebunden. Dadurch hat er eine sehr sensible Seite, die einen schönen Gegensatz zu seinem Job als kämpfenden und Todesurteile ausführenden Jäger bildet, bei dem er oft ein wenig kaltherzig und grausam wirkt, und dem Charakter ordentlich Tiefe gibt.

Amber dagegen ist eine moderne junge Frau, die beruflich noch viele Pläne hat und mit Julius obrigkeitshöriger Welt rein gar nichts anfangen kann. Trotzdem muss Julius den Auftrag seines Meisters durchführen und sie zu seiner Dienerin machen. Weil er sich aber gleichzeitig auch in sie verliebt, fällt es ihm schwer Amber in seine Welt zu zwingen, obwohl er sich nichts sehnlicher wünscht, als sie bei sich zu haben. Amber ist immer wieder abgestoßen von den Vampiren und ihren Regeln, fühlt sich aber ebenfalls zu Julius hingezogen und ist hin- und hergerissen.

In der Liebesgeschichte liegt für mich aber auch ein Kritikpunkt: Sie läuft so schnell an und die beiden verbindet einfach scheinbar gar nichts. Daher konnte ich ihre Beziehung nur schwer nachvollziehen. Ein bisschen mehr Zeit, bevor sich beide so bedingungslos in einander verlieben, hätte vielleicht nicht geschadet. Gefallen hat mir dagegen die Funktion des Messer, das bedrohlich zwischen den beiden steht, denn als Trägerin kontrolliert nicht nur Amber das Messer, sondern die Waffe versucht auch Einfluss auf sie zu nehmen und sie dazu zu treiben, Vampire zu töten.
Auch gut fand ich die Entwicklung von Julius' Charakter, der im Laufe der Geschichte, durch seine unkontrollierte Art manchmal unfreiwillig, immer mehr Verantwortung übernehmen und seine Einsamkeit aufgeben muss. Während er die meiste Zeit sehr steif an seinen Traditionen festhält und manchmal sogar kalt und verständnislos wirkt, zeigt er zum Schluss richtigen Einsatz für seine Liebe zu Amber, was ich sehr überzeugend fand.

Die Sprache ist flüssig und sehr gut zu lesen. Auch die Spannung in der Handlung ist gut und hat mich das Buch kaum zur Seiten legen lassen. Die Perspektiven wechseln, doch nur Julius tritt als Ich-Erzähler auf. Bei allen anderen (das ist meistens aber nicht ausschließlich Amber) wird in der dritten Person erzählt.
Das Cover finde ich ebenfalls ansprechend. Es ist matt, der Name der Autorin ist glänzend und geprägt hervorgehoben und der rote Hintergrund mit der dunklen Skyline stimmen auf die Atmosphäre des Romans ein.

Fazit: Bis auf ein paar Kleinigkeiten fand ich diese Vampirgeschichte wirklich gut. Schreibstil und Charaktere haben mir gefallen, auch wenn gerade die Vampire sehr traditionsbewusst und festgefahren denken und handeln. Nur die Liebesgeschichte lief mir zu schnell an und war nicht immer ganz glaubwürdig. Trotzdem ein gutes Buch, sehr spannend und blutig, ich freue mich auf die Fortsetzung. 4 Sterne 

Die Reihe (mit Links zu Amazon.de):
  1.  "Septemberblut" (Dez. 2010)
  2. "Flammenmond" (Feb. 2012)

Dienstag, 6. März 2012

Wieder einmal Bibliothek

 Es wird weniger...

Heute ist wieder der Alle-Vier-Wochen-Dienstag, an dem ich abends mal bei meiner Bibliothek vorbeischaue - also in der Hauptstelle und in zwei Stadteilzweigstellen in meiner Nähe. Zwar gingen auch zwischendurch schon Bücher zurück und zwei Vormerkungen musste ich auch schon eher abholen, aber eine Übersicht pro Monat muss reichen.

Im Vergleich zum letzten Monat konnte ich vor allem dank "7 Days 7 Books"-Aktion meine Ausleihe ordentlich reduzieren. Es sind zwar immer noch etwas viele und auch heute konnte ich mich nicht ganz an meinen Zettel halten, aber es sind jetzt "nur" noch 27...unten (ab "Numbers") sind verlängerte, oben sind neue.

Genau genommen hatte ich heute auch nur einen Ausrutscher vom vorgeplanten Zettel: "City of Fallen Angels". Das stand da einfach so rum. Hätte ich nicht mit gerechnet und da es zum Kaufen aktuell nicht eingeplant ist (überlege sowieso mir die Reihe fürs Regal komplett auf Englisch zuzulegen), musste ich es doch mitnehmen. Ging nicht anders. Ach, ich seh gerade, es waren zwei Ausrutscher ;). "Blood on my hands" kannte ich vorher nicht, aber der Klappentext klang sehr spannend.

Besonders froh bin ich, dass ich die beiden "Arkadien"-Teile bekommen konnte - die bleiben auch bestimmt nicht lange hier. Der erste hat mir so gut gefallen, dass ich die am liebsten sofort verschlingen möchte. Wenn die genauso gut sind, kommt die Reihe aber bestimmt noch einmal dauerhaft in mein Regal.

Bei "Dornenkuss" hätte ich eigentlich gedacht, dass ich es heute abgebe - immerhin lese ich daran schon seit über einer Woche. Aber ich habe noch nicht einmal das erste Viertel geschafft, ich komme einfach nicht rein. Noch gebe ich nicht auf  (das Ende einer Trilogie will man doch kennen), aber ich bin verdammt kurz davor...

Samstag, 3. März 2012

"5-Bücher-SuB-Abbau" - Aktion beendet

 Vom 7. Februar bis zum 4. März lief eine kleine Aktion, an der ich teilgenommen habe, und zwar der "5-Bücher-SuB-Abbau" von lesefee

Dazu wurden von einem anderen Teilnehmer fünf Bücher von meinem SuB ausgewählt, die ich in diesen Zeitraum lesen sollte. Heute, einen Tag vor dem Ende der Aktion, habe ich mit "Glennkill" das letzte meiner fünf Bücher beendet.
 
Hier sind nocheinmal alle in der Übersicht. Die Links führen zu meinen Rezensionen.

"Glennkill" von Leonie Swan (ca. 384 S.)
"Heute bin ich blond" von Sophie van der Stap (ca. 240 S.)
"Isola" von Isabel Abedi (ca. 324 S.)
"Sternschnuppen" von Anne Hertz (ca. 480 S.)
"The Hunger Games" von Suzanne Collins (ca. 374 S.)

Die Aktion hat mir gut gefallen. Erleichtert endlich mal die Auswahl, welches von den Büchern, die schon seit gefühlten Ewigkeiten zu Hause im Schrank stehen, man als nächstes liest ;).

Kurzrezension zu "Heute bin ich blond" von Sophie van der Stap


Krebstherapie mit Perückenkaufrausch

In "Heute bin ich blond" erzählt Sophie van der Stap von ihrer Krebserkrankung mit gerade einmal Anfang zwanzig und wie sie die Zeit der Chemotherapie erlebte. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den insgesamt neun Perücken, denen sie unterschiedliche Namen gab (Sue, Blondie...) und die für sie während der Erkrankung unterschiedliche Stimmungen und Charaktere verkörperten.

Das Buch war für mich ein Spontankauf, weil es eigentlich recht interessant aufgemacht ist, mit Fotos der Autorin mit den unterschiedlichen Perücken in den Klappen des Einbands, und sich auch die ersten Seiten sehr gut lasen. Man spürte dort ein wenig den Witz einer jungen Erwachsenen, aber auch die Emotionalität, die Traurigkeit und die Angst, die mit der Diagnose Krebs einhergingen.

Leider wurde es beim Lesen immer langweiliger. Emotionen blieben aus, stattdessen teilte van der Stap neben ihrem Perückenkaufrausch zunehmend ihre auf Äußerlichkeiten fixierte Weltanschauung und eher unspektakuläre Alltagsschilderung vor und während der Erkrankung mit dem Leser. Vieles wiederholte sich. Auch der Schreibstil war nicht wirklich überzeugend. Manchmal gewollt philosophisch, meistens aber einfach sehr schlicht und wenig abwechslungsreich. Zwar flüssig zu lesen, aber abgesehen von etwas Sarkasmus zwischendurch auch recht langweilig.

Fazit: Ich bin im Zwiespalt. Teilweise hat mir diese autobiographische Aufarbeitung einer schweren Erkrankung gut gefallen, teilweise war es langweilig und oberflächlich. 3 von 5 Sternen. Muss man nicht lesen.

"Heute bin ich blond" von Sophie van der Stap auf Amazon.de

Rezension zu "Glennkill" von Leonie Swann


Schäfer tot, Schafe ermitteln

Die Idee hinter dem SchafsKrimi "Glennkill" von Leonie Swann fand ich sofort ziemlich witzig. Eine Herde Schafe ermittelt in einem Mordfall. Leider war dann die Umsetzung meiner Meinung nach nicht unproblematisch.

Zum Inhalt: Der Schäfer George wird auf seiner Schafsweide tot aufgefunden. Ein Spaten steckt in seinem Rücken. Die Schafe seiner Herde sind aufgeregt. Sie haben den Mord nicht bemerkt, wollen aber unbedingt herausfinden, wer ihren geliebten Schäfer ermordert hat. Da er ihnen regelmäßig aus Liebesromanen und Krimis vorlas, kennen sie sich ein wenig aus, und ermitteln auf eigene Faust. Wenn es doch nur nicht so viele Dinge bei den Menschen gäbe, die sie nicht verstehen können...

Neben der witzigen Idee besticht dieser Kirmi vor allem durch seine Charaktere, die Schafe. Jedes ist anders. Es gibt zum Beispiel Miss Maple, das intelligenteste Schaf der Herde, das sich am begierigsten auf die Ermittlungen stürzt und die manchmal sehr wirren Gedanken ihrer Mitschafe ordnet, oder Othello, das schwarze Schaf der Herde und als Widder mit vier Hörnern und ungeklärter Herkunft ein Geheimnis für die anderen. Mein persönlicher Favorit allerdings war Mopple the Whale, ein verfressener Widder, der zwar nicht der scharfsinnigste in der Herde ist, aber dafür mit einem einzigartigen Gedächtnis punkten kann. Ganz im Gegenteil zum alten Leitwidder Sir Ritchfield, der dauernd etwas vergisst und nicht mehr richtig hört, während die mutige Zora davon träumt ein Wolkenschaf zu werden und sich am weitesten auf die Klippen heraustraut...

Auch die Art, wie die Schafe mit den Menschen umgehen, ist richtig witzig. Sie analysieren an ihnen herum und versuchen aus Gesprächsfetzen schlau zu werden - was ihnen nicht immer gelingt. So wird zum Beispiel "Gott" zwischendurch zum Hauptverdächtigen in der Ermittlung - irgendetwas muss ja an dem dran sein, wenn alle darüber reden. Was die Schafe sich so zusammenreimen ist wirklich herzallerliebst.

Nur leider wurde der "Krimi" zwischendurch auch zäh und langweilig. Die Schafe brauchen lange, um überhaupt eine Möglichkeit zu bekommen, irgendetwas herauszufinden und so dümpelt alles nur so vor sich hin. Nach rund 150 Seiten brauchte war ich daher kurz davor aufzugeben, denn es wurde trotz der charmanten Protagonisten einfach nicht spannend. Mittlerweile bin ich zwar froh, dass ich es zu Ende gelesen habe, denn es kommen noch einige gute Wendungen und so manches Schaf hat noch eine Überraschung auf Lager, aber durch diesen sehr langen Mittelteil konnte mich das Buch insgesamt betrachtet einfach nicht umhauen.

Auch sprachlich ist es recht schwach. Die Sprache ist nicht immer flüssig, die kurzen Sätze wirken oft eher abgehakt. Zwar unterstützen die einfache Sprache und die vielen Wiederholungen ein wenig den Eindruck von kindlicher Naivität und Neugier, welche die Schafe an den Tag legen, aber wirklich interessant zu lesen war es nicht.

Fazit: Die Schafe sind einfach göttlich und ihre Ermittlungsversuche und Menschenanalyse in der Regel zum schreien komisch, aber leider gibt es einige wirklich zähe Längen und sprachlich konnte es nicht überzeugen. Daher trotz toller Idee leider nur mittelmäßig. 3 Sterne. 

"Glennkill" von Leonie Swann bei Amazon.de

Donnerstag, 1. März 2012

Monatsrückblick Februar

Wieder ist ein Monat um und es ist Zeit für eine kleine Zusammenfassung.

Gelesene Bücher

Ich habe 25 Bücher gelesen:

Monatsstatistik

Gelesene Bücher: 25
Gelesene Seiten: 8902

Rezensierte Bücher: 25

Jahresstatistik

Gelesene Bücher: 44
Gelesene Seiten: 16669

Top und Flop

Ich habe im Februar einige wirklich gute Bücher gelesen. Mein Favorit ist aber dennoch schnell gefunden denn eins hat mich besonders berührt und das war: 

"Mein Winter mit Grace" von Richard Paul Evans → Rezension


Leider hat mich dieses Mal auch ein Buch wirklich enttäuscht und das war:

 "Riley - Das Mädchen im Licht" von Alyson Noel Rezension

SuB-Abbau und Herkunft der Bücher

Alter SuB: 60

SuB-Zuwachs:

Gekaufte Bücher: 5
Getauschte Bücher: 2
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vom SuB gelesene Bücher: 9

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gelesene geliehene Bücher: 16 (davon aus der Bibliothek 15)

Somit habe ich zwar meinen SuB trotz sehr bescheidenem Kaufverhalten diesen Monat nicht verringern können, aber dafür mit 15 Büchern aus der Bibliothek meinen Kontrollverlust beim Ausleihen ein bisschen wieder ausgeglichen ;).

Rezension zu "Dystopia" von Patrick Lee


Ein Blick in die Zukunft

"Dystopia", die Fortsetzung zu Patrick Lees Science-Fiction-Thriller "Die Pforte" und mindestens ebenso spannend und actionreich. Trotz in sich angeschlossener Handlungen beider Teile empfiehlt es sich "Dystopia" erst nach dem ersten Teil zu lesen, denn es gibt einige übergeordnete Zusammenhänge.


Zum Inhalt: Weit unter der Wüste Wyomings liegt Border Town, eine unterirdische Anlage der internationalen Geheimorganisation Tangent, die das Portal bewacht, das Wissenschaftler in den 70iger Jahren öffneten. Noch immer weiß niemand, wohin dieses Portal führt, aber täglich kommen mehrere Objekte heraus, die sogenannten Entitäten. Zwei Jahre nach dem ersten Teil "Die Pforte" veranlasst eine neue Entität Paige Cambell dazu den Präsidenten zu informieren, doch auf dem Rückweg wird sie angegriffen und entführt. Daraufhin informiert Bethany, Paiges Mitabrbeiterin, Travis, der sich nach den Offenbarungen des "Flüsterns" aus Tangent zurückgezogen, die Beziehung zu Paige aufgegeben und ein Leben unter falscher Identität begonnen hatte. Während sie versuchen Paige zu befreien, erfahren sie auch, was die neue Entität kann: Sie erschafft einen Durchgang in die Zukunft. Eine menschenleere Zukunft. Als sie herausfinden, wie nah der Weltuntergang bevorsteht, setzen sie alles daran, herauszufinden, wodurch dieser verursacht wurde und legen sich dabei mit mächtigen Leuten an...

Zwei Jahre sind also vergangen, seit das "Flüstern" weltweit für Chaos gesorgt hatte. Entgegen meiner Erwartungen befindet sich der raue, schießwütige, aber auch sympathische Ex-Polizist Travis nicht mehr in Border Town. Aus Sorge darum, was er dort verursachen könnte, hat er der geheimen Einrichtung und auch seiner großen Liebe Paige den Rücken gekehrt. Erst als Paige in Gefahr schwebt, kehrt er zurück. Der Charakter dieses Protagonisten gefällt mir mit seiner Scharfsinnigkeit und einer manchmal zum Vorschein kommenden sensiblen Seite nach wie vor sehr gut.

Auch die Handlung hat es wieder in sich. Der Blick in die Zukunft offenbart Paige und Travis Schreckliches. Die Städte verfallen, die Natur erobert sich die Flächen zurück, denn es gibt keine Menschen mehr. Bei der Suche nach Antworten geht es gefährlich zu, denn wie schon im ersten Teil wird geschossen was das Zeug hält und so ist auch dieser Teil wieder ordentlich blutig.

Die Spannung ist während der gesamten Handlung hoch. Nicht nur die actionreichen Passagen überzeugen, sondern auch die ruhigeren und die Beschreibungen der erschreckend veränderten Welt, welche die Protagonisten durchstreifen. Der Autor arbeitet viel mit Andeutungen, die Spannung erzeugen und dafür sorgen, dass man weiterliest. Allerdings ist hier für mich auch die erste Schwäche von "Dystopia": Manchmal waren es einfach zu viele Andeutungen und der Spannungsaufbau raubte mir so auch oft ein paar Nerven, denn wenn einfach nie die Information dann verraten wird, wenn sie aufkommt, wirkt es beim x-ten Mal dann doch etwas konstruiert.

Sprachlich konnte "Dystopia" wie schon "Die Pforte" wieder restlos überzeugen. Leider viel es mir dieses Mal etwas schwerer eine in sich schlüssige Logik zu finden, wie sie mir im ersten Teil begegnet war und mich begeistert hatte. Manche Erklärungen waren einfach nicht zufriedenstellend und bei einigen wissenschaftlichen Details kamen mir doch arge Zweifel an ihrer Schlüssigkeit. Auch die "Zufälle", die sich im Laufe der Handlung so ergeben, die Geistesblitze genau zur richtigen Zeit und die perfekten Mittel, um sich frei zu kämpfen, genau am richtigen Ort, wirkten auf mich gelegentlich überzogen. Das sind aber nur kleine Punkte, die die Spannung nur wenig störten. Spätestens das starke Ende, das wieder offenen gehalten ist und auf eine gute Fortsetzung hoffen lässt, entschädigte mich auch wieder für einige kleinere Schwachstellen.


Zum Abschluss möchte ich noch das Cover erwähnen, dass zwar kein bisschen zum Vorgänger passt, was ich bei einer Reihe prinzipiell schade finde, aber doch so viel moderner und schöner gestaltet wurde als "Die Pforte".

Fazit: Tolle Endzeitvision verpackt in einem spannendem Action-Thriller mit gelungenen Charkteren und einer spannenden Handlung. Leichte Schwächen schmälern das Lesevergnügen kaum, für ein befriedigendes Verständnis der Zusammenhänge und der Vorgeschichte sollte aber der ebenso gute erste Teil "Die Pforte" vorher gelesen werden.
4 von 5 Sternen!

Die Reihe (Links zu Amazon.de)
  1. "Die Pforte" (Dez. 2010, engl. Originaltitel: "The Breach") - meine Rezension
  2. "Dystopia" (März 2012, engl. Originaltitel: "Ghost Country")
  3. noch nicht bekannt (engl. Originatitel: "Deep Sky")

Rezension zu "Kyria & Reb: Bis ans Ende der Welt"


Ein neues Europa

"Kyria & Reb - Bis ans Ende der Welt" ist der erste Teil einer neuen Jugendbuch-Reihe von Andrea Schacht, der sich in die lange Reihe aktueller Dystopien mit Liebesgeschichte einreiht. Bis auf ein paar Kleinigkeiten hat mir dieser Auftakt gut gefallen.

Zum Inhalt: 1975 brach in Europa eine Pandemie aus, die viele Leben kostete. Danach übernahmen die Frauen die Oberhand und gründeten New Europe, auch kurz NuYu genannt. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2125. NuYu ist den umliegenden Regionen, die sich diesem Staat nicht angeschlossen haben und Reservate genannt werden, technisch weit überlegen und kontrolliert alle Einwohner mittels eines Id-Armbands.

Die gerade 18 Jahre alt gewordene Kyria wird sogar noch strenger überwacht als andere, denn durch einen Gendefekt, an dem auch ihr Vater starb, lebt sie mit der ständigen Gefahr eines frühen Todes. Kyria gehört zu den "Electi", den mächtigen Einwohnern NuYus, und ist die Tochter einer einflussreichen Ministerin. Als sie ins Heilungshaus kommt, erfährt sie von ihre "Duenna" (Anstandsdame) Bonnie, dass sie bald sterben wird. Im Heilungshaus lernt sie auch Reb kennen, einen Ausgestoßenen, dessen Id gelöscht wurde und der in der sogenannten "Subcultura" lebt. Mit seiner Hilfe beschließt sie zu fliehen, um vor ihrem Tod ihre alte Freundin Hazel in einem Reservat wiederzusehen. Doch während der Reise erfährt sie auch, dass sie in einer Welt voller Lügen aufgewachsen ist...

"Kyria & Reb" ist eine Dystopie, die sich in hohem Maße den Themen Geschlechterkampf und Rollenverteilung zwischen Mann und Frau widmet. Nach der Pandemie haben sich die alten Rollen quasi umgekehrt, die Frauen haben die Macht übernommen und die Männer machen die Hausarbeit. In der Subcultura dagegen gelten wie auch in den Reservaten die alten Rollen. Zwar finde ich Emazipation durchaus interessant, aber dieses ständige "Das ist Männerarbeit/Frauenarbeit" fand ich zwischendurch etwas müßig und weder für die Handlung noch für die Atmosphäre besonders hilfreich, zumal es scheint, dass wirklich alle, ob in NuYu, in der Subcultura oder im Reservat, nur in den beiden Extremen denken - Gleichberechtigung ist wohl hier für keinen eine Lösung. Erst spät im Roman wird die Idee der männlichen Verweichlichung so thematisiert, dass sie einen neuen Aspekt zu der Unterdrückungsgesellschaft in Nuyu beiträgt, aber ob mir diese Entwicklung gefällt, wird sich erst noch in den Folgebänden zeigen müssen. Bis jetzt finde ich das Thema einfach zu sehr nach einem schwarz-weiß-Prinzip behandelt und daher etwas uninteressant.

Die Charaktere fand ich dagegen sehr gelungen. Die Ich-Erzählerin Kyria ist als ewig bemutterte, sorglose, priviligierte Tochter aus gutem Hause glaubhaft. Natürlich geht diese Glaubhaftigkeit einher mit einer gewissen Naivität, denn von der wahren Welt weiß sie wenig und hatte bisher keinen Grund, Dinge, die man ihr erzählt hatte, zu hinterfragen. Das lernt sie erst nach und nach und macht dabei im Laufe der Geschichte eine ordentliche Entwicklung zu einem stärkeren und eigenständigeren Charakter durch. Reb ist, wie sein Name schon andeutet, ein Rebell. Gerade am Anfand spricht er in einer fast unerträglichen Ghetto-Sprache, die sich aber immer wieder mit einer Sprache auf Kyrias Niveau abwechselt, sodass Kyria früh beginnt über seine Herkunft nachzudenken. Mit dieser Ambivalenz in der Sprache ist der Charakter Reb einzigartig und gelungen umgesetzt.

Für etwas Witz sorgen die Neckereien zwischen Kyria und Reb. Reb hält Kyria für eine verwöhnte Prinzessin und sie ihn für ungehobelt. Die Liebesgeschichte kommt erst langsam in Gang und ist alles andere als einfach, was mir gut gefallen hat. Zwischen den beiden Charakteren liegen Welten, die sich nun einmal nicht leicht überbrücken lassen. Trotzdem ist die Beziehung der beiden sehr romatisch und berührend schön und, da hier blinde Liebe und überstürzte Liebesschwüre ausgespart werden, ist sie auch angenehm frei von Kitsch und Schmalz.

Nach einen wirklich starken ersten Teil des Romans, der die spannende Flucht aus NuYu zum Thema hat und sowohl von der gelungenen Dystopie NuYu als auch von den beiden starken Protagonisten Kyria und Reb und ihren Sticheleien lebt, wurde die Geschichte meiner Meinung nach im zweiten Teil etwas verwirrend und langweilig. Passenderweise ist dieser Teil auch noch überschrieben mit "Der lange Weg" - lang kam es mir tatsächlich vor. Die Spannung verliert sich ein wenig in Spekulationen, Theorien über Sabotage und politischem Geplänkel. Kyria lernt zwar in dieser Zeit viel dazu und entwickelt sich weiter, in der Bezeihung zu Reb herrscht aber Stillstand. Das Ende nimmt dann wieder ordentlich Fahrt auf und entschädigt ein wenig für die weniger spannenden Passagen.

Den Schreibstil fand ich gut. Er ist locker und liest sich sehr flüssig. Auch die Covergestaltung, aufgrund derer mit das Buch direkt aufgefallen ist, ist sehr gelungen. Schön finde ich es auch, dass der Einband auch unter dem Papierumschlag den schönen Wald mit den pinken Blütenblättern und dem weichen Lichteinfall zeigt.

Mein Fazit: Obwohl ich mich mit der Art der Einbindung des Themas Geschlechterkampf in die Handlung nicht ganz anfreunden konnte und die zweite Romanhälfte etwas verwirrend und in die Länge gezogen fand, gefällt mir der Auftakt der "Kyria & Reb"-Reihe recht gut. Er ist gut geschrieben, hat eine schöne, kitschfreie Liebesgeschichte und ein offenes Ende verspricht eine spannende Fortsetzung.
4 von 5 Sternen


Die Dilogie:
  1. "Bis ans Ende der Welt" (Feb. 2012)
  2. "Die Rückkehr" (Jan. 2013)

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, Jan. 2013
 Seiten: 384
Verlag : Egmont INK
ISBN: 978-3863960162
Preis: € [D]17.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage