Sonntag, 18. August 2013

Rezension zu "Der Altmann ist tot - Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln" (Hörbuch)



Lehrerinnen als Kriminalermittler?

„Der Altmann ist tot – Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln“ ist der erste Krimi-Versuch der beiden Lehrerinnen aus Berlin, die unter ihren Pseudonymen erfolgreich bloggen und Bücher mit unterhaltsamen Schulgeschichten veröffentlich haben.

Zum Inhalt: Schlechte Nachrichten für das Kollegium der Berliner Problembezirk-Schule – Lehrer Altmann ist tot, gefunden an einer Treppe zur Spree in der Nähe des Reichstags. Ist er dort etwa mitten in der Nacht runter gestürzt? Frau Freitag und Frl. Krise haben einen anderen Verdacht: Mord. Genügend Verdächtige gäbe es immerhin…

Bisher habe ich nur „Chill mal, Frau Freitag“ gelesen und konnte darüber sehr lachen. Kurze Schul-Anekdoten, als Buch zusammengefasst aus dem Blog der Autorin und Lehrerin. Auch „Der Altmann ist tot“ versucht gelegentlich mit ähnlichem Witz an diese Vorerfolge anzuschließen – immerhin kennt man Frau Freitag und Frl. Krise genau dafür: Bissiger Humor mit Geschichten aus dem Berliner Problembezirk, schlechte Sprache und kulturelle Differenzen unverblümt aufs Korn genommen, nicht bösartig, sondern mit Witz und Ehrlichkeit. Nur, was bei den kurzen Anekdoten funktioniert, reicht bei diesem Roman absolut nicht. Die wenigen lustigen Stellen gehen unter, werden überschüttet von einem riesen Haufen Langeweile – dem Todfeind eines jeden Krimis.

Die Kriminalhandlung ist einfach hanebüchen, ohne Hand und Fuß, an den Haaren herbeigezogener Unfug und von Anfang bis Ende stinklangweilig. Frau Freitag und Frl. Krise „ermitteln“ auch nicht wirklich, sondern phantasieren erst ein bisschen und finden dann durch mehr glückliche Zufälle und unerwartete Begegnungen, als in einer Großstadt wie Berlin in Jahrhunderten möglich sein dürften, irgendwie den richtigen Weg durch ihre selbst zusammengestellte Reihe der Verdächtigen. Genug Feinde des Altmanns präsentieren sich ja. Cousins einer ehemaligen Schülerin, denen die Gerüchte über ein Verhältnis der beiden ganz und gar nicht gefallen; eine Lehrerin, die freimütig über die Affäre mit ihrem Kollegen im Internet schreibt; die junge, schwangere Ehefrau, die sich längst von einem anderen trösten lässt…

Trotz all der Möglichkeiten geht ohne Zufälle nichts bei den beiden selbst ernannten Ermittlerinnen und abgesehen davon füllt der Kriminalfall, so flach wie er ist, nicht einmal annähert ein Buch. Das ist wohl auch den bloggenden Lehrerinnen aufgefallen, denn die Palette von Nebenhandlungen ist beachtlich – leider sind auch die alle recht langweilig. Witz kommt in der Sprache zwar gelegentlich auf, aber das reichte nicht. Fast lehrerhaftes und sehr aufgesetzt wirkendes Sinnieren über Kultur und Religion wirkte zudem absolut deplatziert und gewollt.

Da sich diese Rezension auf das Hörbuch bezieht, jetzt noch ein paar Worte zu der Umsetzung und den beiden Sprecherinnen Carolin Kebekus als Frau Freitag und Joseline Gassen als Frl. Krise. Zunächst war ich skeptisch, ob die mir ansonsten eher aus dem TV bekannte Kebekus als Sprecherin überzeugen könnte. Jetzt muss ich sagen: Ja, kann sie. Und sie ist dabei noch der Lichtblick des gesamten Hörbuchs, denn Kebekus verkörpert Frau Freitag einfach hervorragend und mit einer klaren, abwechslungsreichen Stimme, der man gerne zuhört.

Enttäuscht hat mich dagegen Joseline Gassen als Frl. Krise. Ihre Stimme wird als „temperamentvoll“ beschrieben – wenn man eine weibliche Version des Kinder in den Tiefschlaf versetzenden Märchenonkels „temperamentvoll“ nennen möchte, dann stimmt das sogar. Leider variiert sie ihre Stimme, abgesehen von gelegentlicher Schnappatmung und einem leichten Nasehochziehen, auch deutlich zu wenig. Kann sie keinen Akzent sprechen, klingen alle Figuren gleich. Während Frau Freitag und Frl. Krise bei den von Kebekus gelesenen Kapiteln (leider zu wenige) gut auseinanderzuhalten sind, ist das bei Gassen kaum möglich.

Das stört besonders in den reinen Dialog-Passagen, die teilweise, wenn sie lang genug sind, von beiden Sprecherinnen im Wechsel gelesen werden, zwischendurch aber auch mal nur von Joseline Gassen übernommen werden. Dann funktionieren sie nicht mehr, denn, wenn mir der Text nicht sagte, wer hier gerade sprach, konnte ich es anhand der Stimme nicht unterscheiden. Leider ist für mich auch vollkommen unverständlich, warum diese reinen Dialoge nicht immer im Wechsel gelesen wurden, sondern so beliebig mal von beiden, mal von einer – mal bekam der Kioskbesitzer „Onkel Ali“ sogar noch einen eigenen Sprecher, dann wieder nicht. Insgesamt war die Hörbuchumsetzung also leider fast genauso enttäuschend wie die Geschichte selbst.

Onkel Ali war übrigens noch eine der ansprechenderen Figuren der Geschichte. Über ihn konnte man gelegentlich lachen, wie auch über die Schüler. Wenn sich die Handlung zwischenzeitlich mehr mit Frau Freitag und ihrer Klasse beschäftigte, konnte sie durch Witz punkten. Frau Freitag als nicht immer voll motivierte Lehrerin ist ebenfalls einfach lustig und verschafft der ansonsten etwas staubig wirkenden Geschichte ein wenig Elan und Spritzigkeit.

Fazit: Manchmal zum Lachen, manchmal zum Fremdschämen, manchmal zum Einschlafen. Die beiden bloggenden Lehrerinnen aus dem Problembezirk haben Humor, aber glaubhafte oder spannende Kriminalfälle erfinden können sie nicht. Die Hörbuchumsetzung ist zudem sehr durchwachsen. Während Carolin Kebekus als Frau Freitag überzeugt, enttäuscht Joseline Gassen als Frl. Krise eher. Ich vergebe knappe 3 Sterne. 



Allgemeine Informationen


DAS HÖRBUCH

6 CDs,  7 Stunden 16 Minuten
Juni 2013
Verlag: Argon Verlag
ISBN: 978-3-8398-1248-8
Sprecherin: Carolin Kebekus, Joseline Gassen

Hörprobe, Kaufmöglichkeit und weitere Informationenauf der Verlagshomepage
Rezensionsexemplar erhalten von Blogg Dein Buch
 
 

DAS BUCH

Ausgabe: Broschiert, Mai 2013
Seiten: 256
Verlag: Rowohlt
ISBN: 978-3-499-25111-5
Preis: € [D] 14.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch

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